Kinobesuch

Zehntklässler lassen sich von Stefan Zweigs „Schachnovelle“ beeindrucken

Eine klassische Novelle und deren Kinoversion:
Was hat der erfolgreiche zeitgenössische Sänger Gil Ofarim mit dem erfolgreichen Autor des frühen 20. Jahrhunderts Stefan Zweig zu tun?
Nichts, möchte man meinen, und trotzdem entdeckten die Schülerinnen und Schüler der Klassen 10 c und 10 d einen Zusammenhang: die jüdische Herkunft und das Aufbegehren gegen diskriminierende Umstände.
Stefan Zweig veröffentlichte im Exil 1942 die „Schachnovelle“. Mit diesem Text setzte er sich unter anderem mit der Geschichte Österreichs während des Nationalsozialismus auseinander und erzählt von einem reichen Vermögensverwalter, der in der Isolationshaft zum Reden gebracht werden sollte, wollten die Nazis doch an das von ihm verwaltete Vermögen. Während der Isolationshaft ohne soziale Kontakte (nicht einmal der Wärter spricht) und ohne irgendwelche Ablenkungsmöglichkeit gelang es dem Häftling, ein Buch in sein Zimmer zu schmuggeln. Da in diesem verschiedene Spielszenarien dargestellt waren, bildete sich der Inhaftierte zum Schach-Profi. Die Ablenkung funktionierte aber nur für kurze Zeit, letztendlich litt der Häftling an einer Schachvergiftung und taumelte zusehends in den psychischen Abgrund, obwohl er den Widerstand gegen die Nazis durchhielt.
In Auszügen beschäftigten sich die beiden Klassen vor dem Kinobesuch mit dem Werk und lernten dabei auch Stefan Zweig und die Gattung „Novelle“ kennen. Gespannt konnte man sein, was der Regisseur Philipp Stölzl aus der Erzählung machen würde.
Schon zu Beginn zog einen der Film in seinen Bann. Das lag sowohl an der glanzvollen Leistung eines Oliver Masuccis in der Hauptrolle als Dr. Josef Bartok als auch an den filmischen Mitteln und den immer wieder gezeigten Motiven. Die Schülerinnen und Schüler erkannten, dass ein Film ganz anders arbeitet als eine Erzählung und bemerkten die ein oder andere größere Abweichung von der literarischen Vorlage. Nichtsdestotrotz beeindruckte der Stoff und führte die Zuschauer in die Abgründe des nationalsozialistischen Terrors abseits von Konzentrationslagern und Hinrichtungen ein. Durch die schnellen Schnitte und die Überlagerung der Erzählstränge wirkte der Film bestimmt noch länger nach, indem man versuchte, die bewusst eingesetzte Verwirrungstaktik für sich zu entwirren.
Alles in allem ein wirklich gelungener Kinobesuch, vor allem nach einer langen coronabedingten Fahrten-Pause.

Manuela Schwarzhuber