Erinnerung und Verantwortung

Erinnerung und Verantwortung 

Am 29. und 30. September 2022 fuhren jeweils zwei Klassen der zehnten Jahrgangsstufe nach Flossenbürg. Am Ziel angekommen, wurden die SchülerInnen bereits beim Aussteigen von einem eisigen, beinahe polarartigen Wind empfangen. Warm wurde es hier keinem mehr, und zwar in jeglicher Hinsicht. In Gruppen nahmen die SchülerInnen an Führungen teil, bei denen man nur erahnen konnte, welch grausame Behandlung die Gefangenen erlitten, die hier untergebracht waren. Kaum einer konnte sich in den nächsten zwei Stunden dem Bann des historischen Ortes entziehen. Die physische Präsenz der Überreste des KZ-Terrors, die stummen Denkmäler der Überlebenden, die Aschepyramide, das Grauen des Häftlingsbades, in dem die Neuankömmlinge gedemütigt wurden, die Gräber und das unerträgliche Krematorium legen Zeugnis ab, dessen Leibhaftigkeit uns keinen Ausweg lässt. Man muss in Flossenbürg physisch fühlen, wie vernunftbegabte Menschen eine rationelle Organisation schufen, die letztlich nur einen Zweck hatte – Menschen zu ermorden. Nach der Führung hatten die Schüler die Möglichkeit, eigenständig das Gelände zu erkunden, wobei die Ausstellung oder auch das „Tal des Todes“ unterschiedlichste Eindrücke hinterließen, die viele SchülerInnen nachdenklich stimmten. In der Erinnerung an die Opfer, durch unser Mitgefühl und unsere Trauer angesichts der Toten, durch unsere Bestürzung vor den Gräbern und unser Entsetzen vor den Hinrichtungsstätten legten auch wir Zeugnis ab. Denn menschliches Erinnern und Mitleid in diesem Zusammenhang sind auch immer ein Akt des Widerstandes. Erinnerung ist ein Dienst an jenen Opfern, denen die Würde zu rauben nicht gelang. Dass sich junge Menschen in der Auseinandersetzung mit Orten wie Konzentrationslagern für Menschlichkeit und Freiheit engagieren, so die Überlebenden der Konzentrationslager, „dies sei unser Vermächtnis.“ 
Während der Exkursion in Flossenbürg sollten die Klassen 10a und 10b einen Aspekt, eine Geschichte oder einen Gegenstand fotografieren, welche bzw. welcher sie besonders berührt oder beeindruckt hat, und ein paar Zeilen dazu schreiben. Hier ihre Reaktionen: 


„Mich hat es sehr berührt und auch schockiert, dass teilweise Kinder versteckt werden müssen, um zu überleben. Diese Kinder waren in solch schlechten Zuständen, so etwas kann man sich nicht einmal richtig vorstellen. Obwohl der Junge auf dem Foto aus dem KZ fliehen konnte, wird ihn das sein ganzes Leben verfolgen. Das haben vor allem unschuldige Kinder nicht verdient.“ (Larissa Anzer, 10b) 


„Mich hat dieser Teil des KZ besonders berührt, weil man auf dem Gelände stand, wo Menschen umgebracht worden sind, vor den Augen aller. Dies sich heute vorstellen zu können, dass man sich dort befindet, wo Menschen in Gefangenschaft lebten und täglich Leid ertragen mussten, bringt ein beängstigendes Gefühl mit sich.“ (Dilber Laura, 10b) 


„Es ist erschütternd, die Abgründe der Menschheit zu sehen. Es ist wichtig, dass über die Geschichte aufgeklärt wird, damit sie sich niemals wiederholt.“ (Johann Ferstl, 10b) 


„Am meisten hat mich die Vernichtung durch Arbeit erschrocken. Es ist sehr schlimm, wie viele Häftlinge dort jeden Tag arbeiten mussten. Sie mussten in der Früh anfangen und durften erst spät abends aufhören. Vor allem im Sommer und Winter, wenn es sehr heiß bzw. sehr kalt war, muss die Arbeit noch schlimmer gewesen sein. Viele sind durch das Arbeiten im Steinbruch krank geworden und waren sehr erschöpft. Es ist beeindruckend, dass trotz dieser schweren Zeit Häftlinge überlebt haben.“ (Fick Nina, 10b) 


„Das Faszinierendste an der Fahrt nach Flossenbürg fand ich, dass die, die über all das bestimmten, so wenig weit weg waren und trotzdem nichts dagegen gemacht haben. Ganz im Gegenteil, sie haben noch dazu beigetragen.“ (Franziska Hausmann, 10b) 


„Mich hat dieses Bild am meisten schockiert, da in diesem Ofen einfach so, ohne Mitgefühl, Menschen verbrannt wurden. Und diese Menschen waren so ausgehungert, dass sogar zwei bis drei zusammen gleichzeitig verbrannt wurden. Ohne jegliches Mitgefühl haben andere Menschen einfach mitgemacht und dabei geholfen, dass Menschen ohne Verabschiedung von der Familie getötet werden.“ (Lotter Julia, 10b) 


„Am meisten hat mich die Ausstellung mit den ehemaligen Häftlingen berührt. Man sieht viele verschiedene Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen verschleppt wurden, und jeder hat eine andere Geschichte.“ (Magdalena Ott, 10b) 


„Mich hat die Dusche sehr beeindruckt. Unser Guide hat uns auch erzählt, was dort mit den Leuten passierte. Es ist schrecklich, dass dort die Leute entweder mit brühend heißem Wasser oder eiskaltem Wasser geduscht wurden. Und nicht nur das. Wenn sie versuchten, dem Wasserstrahl auszuweichen, wurden sie mit Schlägen zurückgetrieben. Auf den Informationsschildern stand auch das Zitat: „Ich habe nicht nur meine Klamotten, sondern auch meine Seele abgegeben.“ Meiner Meinung nach beschreibt dieser Satz den Ort und das Geschehene sehr gut.“ (Magdalena Straller, 10b) 


„Ich habe das Bild gewählt, weil es mich sehr berührt hat, dass der Mann in seinem Büro es sich gut gehen lässt, während er auf das Lager schaut und die Häftlinge gequält werden.“ (Felix Fuhge, 10a) 


„Besonders berührt hat mich dieser Ort, weil er so friedlich aussieht, obwohl dort eine Menge toter Menschen liegen, die bei den Märschen ums Leben gekommen sind.“ (Korbinian Geitner, 10a) 


„Ich habe dieses Bild gewählt, da es mich sehr berührt hat, und man anhand dessen sehen kann, wie viele Außenlager es gibt, und wo sie verteilt sind.“ (Thomas Köppl, 10a) 


„Über der gesamten Anlage lastete so ein bedrückender Schleier, aber dieser Platz mit den Markierungen von den alten Baracken hatte eine düstere Wirkung. Wenn man darüber nachdachte, wie viele Menschen vor gar nicht allzu langer Zeit genau hier mit ihrem Leben gekämpft hatten. Die weite ebene Fläche und dazu noch der kalte Wind lassen einem das gewisse Gefühl von Leere spüren.“ (Katharina Schatz, 10a) 


„Ich habe das Bild gewählt, da mich dieses sehr berührt, weil ich selbst aus Stulln komme und dort sich auch ein ehemaliges Außenlager von Flossenbürg befindet und mir somit die alten Arbeitsstellen im heutigen Industriepark bekannt sind.“ (Moritz Hannes, 10a) 

Vanessa Messer